Delaware (USA), Luxemburg und Schweiz führen den Schattenfinanzindex des Netzwerk Steuergerechtigkeit an

Pressemitteilung


(Berlin, 2.11.09) Fünf Tage vor dem G20-Treffen in Großbritannien stellt das internationale Netzwerk Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) erstmals seinen Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index FSI) vor. Dieses neuartige Ranking listet den US-Bundesstaat Delaware auf Platz eins der Steuer- und Verdunkelungsoasen, noch vor Luxemburg, der Schweiz und den Kaimaninseln. G20-Gastgeber Großbritannien steht mit der City of London auf Platz fünf.


Der Index trägt der Tatsache Rechnung, dass geringe Transparenz – undurchlässiges Bankgeheimnis, fehlende Publizitätspflichten für Unternehmen, Verschleierung der Eigentumsverhältnisse von Stiftungen und Trusts u. a. – für Steueroasen inzwischen zu einem ebenso wichtigen Standortfaktor geworden ist wie die geringe Besteuerung. Der Index, das Ergebnis zweijähriger unabhängiger Forschungsarbeit von Wissenschaftlern und Steuerexperten, erhebt systematisch die rechtlichen Rahmenbedingungen von 60 Schattenfinanzplätzen sowie deren jeweiliges Gewicht am globalen Finanzmarkt.


„Mit diesem bislang einzigartigen Ansatz werden neben den üblichen Steueroasen in der Karibik und dem Pazifik jetzt auch die großen Finanzplätze in London und den USA in den Blick gerückt, die weltweit maßgeblich zu Steuer- und Kapitalflucht beitragen“, sagt Klaus SCHILDER von terre des hommes, der den Index am Montag gemeinsam mit Misereor und dem Global Policy Forum für das deutsche Netzwerk Steuergerechtigkeit in Berlin vorstellt. Die Hälfte der zehn Spitzenplätze des Rankings werden von europäischen Ländern eingenommen (Irland: Platz 6, Belgien: Platz 9). „Bezeichnenderweise hatten die deutschen Krisenbanken IKB und Sachsen LB ihre hochriskanten Geschäfte, mit denen sie in die Pleite rutschten, in Delaware und Irland angesiedelt,“ so Schilder weiter.


Der FSI ist nicht zuletzt als Gegenentwurf zu der Schwarzen und Grauen Liste der Steueroasen gedacht, die die OECD seit April im Auftrag der G20 erstellt. „Diese Steueroasenlisten sind ein stumpfes und von politischen Rücksichtnahmen gezeichnetes Werkzeug“, hebt Jens MARTENS vom Global Policy Forum hervor. „Dabei benötigen Regierungen und Finanzinstitute gerade nach den Erfahrungen der Finanzkrise dringend ein objektives Instrument, um die Risiken, die von Schattenfinanzplätzen ausgehen, einschätzen und möglichst schnell beseitigen zu können.“


„Das OECD-Verfahren taugt bestenfalls zum Weißwaschen schmutziger Geschäfte“, betont auch Georg STOLL von Misereor. „Die öffentlichen Haushalte in Industrie- und Entwicklungsländern geraten immer tiefer in die roten Zahlen, während Armutsbekämpfung und Klimawandel gleichzeitig gigantische globale Kraftanstrengungen erfordern. Wie lange wollen die Regierungen unter diesen dramatischen Umständen einer jährlichen Steuerflucht von mehreren 100 Milliarden Euro noch zuschauen? Die G20 müssen sich endlich diesem Gerechtigkeitsproblem stellen.“

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit fordert deshalb die G20 auf, sich auf ein multilaterales Abkommen zu automatischem Austausch von Steuerinformationen zu verständigen.


Der Schattenfinanzindex FSI kann eingesehen werden unter: www.financialsecrecyindex.com/


Weitere Informationen finden sich in den folgenden Materialien:

Der Schattenfinanzindex: Eine Einführung

Welche Finanzplätze werden im Schattenfinanzindex aufgeführt - und warum?

Die Methodik des Schattenfinanzindex

Der Schattenfinanzindex und die Schwarze Liste der OECD
Der Schattenfinanzindex und Korruption


Kontakt: Georg Stoll, Mobil: 0179-4585888

Klaus Schilder, Mobil: 0177-4341642

Jens Martens, Mobil: 0170-7779005


Das internationale Tax Justice Network (http://www.taxjustice.net/) ist ein Zusammenschluss von sozial- und entwicklungspolitischen sowie kirchlichen Organisationen, Wissenschaftler/innen und engagierten Einzelpersonen. Es setzt sich für Reformen gegen Steuerflucht und missbräuchliche Steuervermeidung ein. In Deutschland wird es vom Netzwerk Steuergerechtigkeit vertreten.