Potentatengelder in der Schweiz: Lücken trotz neuem Gesetz

Am 1. Februar 2011 ist in der Schweiz das neue Gesetz zur Einziehung und Rückerstattung von Diktatorengeldern in Kraft getreten. Nichtregierungsorganisationen kritisieren, dass weiterhin beträchtliche rechtliche Lücken bestehen.

Die Schweiz hat seit heute ein neues Gesetz zur Rückgabe unrechtmässig erworbener Vermögen (RuVG). Es erlaubt der Regierung eine geregelte Einziehung und Rückerstattung sogenannter Potentatengelder. Bereits an seiner morgigen Sitzung könnte sich der Bundesrat darauf berufen und die Konfiskation der Gelder des haitianischen Duvalier-Clans veranlassen.

Seitdem das neue Gesetz vom Parlament verabschiedet worden ist, bezeichnet sich die Schweiz gerne als Vorreiterin im Umgang mit gestohlenen Vermögen. Tatsächlich ist sie aber auch eine der ersten Adressen, wo diese Vermögen hinfliessen. In den vergangenen Wochen sind in der Schweiz unter anderem aus Tunesien, der Elfenbeinküste und Kasachstan erneut Vermögenswerte von zweifelhafter Herkunft gemeldet worden.

Eine Koalition aus Nichtregierungsorganisationen in der Schweiz kritisiert, dass das neue Gesetz mehr verspricht als es einhalten kann. Nicht zuletzt gilt es nur für Vermögenswerte aus Staaten mit ungenügenden Rechtsstrukturen. Trotzdem wird verlangt, dass ausgerechnet diese „failed states“ bei der Schweiz ein Rechtshilfebegehren stellen. Zudem sieht das Gesetz die Möglichkeit einer gütlichen Einigung mit den Potentatenclans vor und enthält keine verbindlichen Richtlinien zum Einbezug der Zivilgesellschaft bei der Rückerstattung der Vermögen.

Umso wichtiger wäre, dass keine solche Vermögenswerte mehr in die Schweiz gelangen. Die Schweizer Regierung ist dringend gefordert, bestehende Lücken im Geldwäschereigesetz zu prüfen und Revisionsvorschläge zu erarbeiten. Auch muss sie bis dahin mehr Wert darauf legen, dass die Banken ihre Sorgfaltspflicht im Rahmen des bestehenden Gesetzes tatsächlich wahrnehmen.

Für eine zukünftige Revision des Geldwäschereigesetzes drängt sich ein Vorschlag auf, den die Banken bisher erfolgreich bekämpft haben. Politisch exponierte Personen aus dem Ausland sollten bereits bei der Kontoeröffnung und weiteren Transaktionen belegen müssen, dass sie die Gelder rechtmässig erworben haben. Zentral ist aber auch eine Ausdehnung des Gesetzes auf den Erwerb von Immobilien und den Kunsthandel.

Ohne diese Massnahmen kann die Schweiz kaum für sich beanspruchen, eine Pionierrolle im Umgang mit Diktatorengeldern zu spielen. Noch kann sie davon ablenken, dass ihr Bankgeheimnis weiterhin private Steuerhinterzieher aus Entwicklungsländern vor der Entdeckung schützt.

Mark Herkenrath (Mail), Alliance Sud

Zur Koalition gegen Potentatengelder in der Schweiz gehören:

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