Der neue OECD-Standard für Automatischen Informationsaustausch enttäuscht

Heute, am Donnerstag, den 13. Februar veröffentlichte die OECD das mit Spannung erwartete Musterabkommen für den automatischen Informationsaustausch (AIA). Im Gegensatz zu den bisherigen Plänen, setzt sich eine Reihe zivilgesellschaftlicher Organisationen in einem Forderungskatalog mit dem Titel «Automatic for the people» dafür ein, dass der AIA auch den Ländern des Südens nützt. (Wir berichteten)

Die OECD setzte für heute vormittag eine Medienkonferenz an, bei der sie über ihre jüngsten Arbeiten zum automatischen Informationsaustausch berichtete. Dabei stellte sie den neuen Standard (Common Reporting Standard, CRS) sowie ein Musterabkommen (Competent Authority Agreement, CAA) vor.

Nach der Durchsicht der Materialien zeigt sich, dass die Befürchtungen von Entwicklungsorganisationen begründet waren - Entwicklungsländern bleibt der Zugang zum automatischen Informationsaustausch faktisch verwehrt. Damit bleibt die OECD was sie schon immer war: ein Club reicher Staaten, der seine Interessen auch auf Kosten anderer effektiv durchzusetzen weiß (siehe etwa hier). Schlimmer noch, es finden sich darüber hinaus auffällige, und leicht vermeidbare Schlupflöcher im Vertragswerk, das die Wirksamkeit des neuen Standards vor allem bei extrem hohen Vermögen infrage stellt. Es gibt dringenden Nachbesserungsbedarf. Tax Justice Network hat über den neuen Standard heute eine ausführliche Pressemitteilung veröffentlicht, die alle Nuancen beleuchtet.

Steueroasen wie die Schweiz waren während der Vorarbeiten der letzten Monate offenbar erfolgreich darin, bei der OECD möglichst restriktive Bedingungen für den neuen Standard durchzusetzen. Gemeint ist vor allem die Forderung nach strikter Reziprozität. Sie hat zur Folge, dass die Länder des Südens vom automatischen Informationsaustausch ausgeschlossen bleiben. Ärmeren Ländern würde der Zugang zu ausländischen Steuerinformationen nur dann gewährt, wenn sie in der Lage wären, gleichzeitig eigene Daten ins Ausland zu schicken. Die Infrastruktur für die Sammlung und den Versand eigener Daten wäre aber für die meisten dieser Länder schlicht zu teuer. Mehr noch, für das Gros der Entwicklungsländer, die im Unterschied zur Schweiz sowieso keine ausländischen Steuerfluchtgelder bei sich versteckt haben, wäre sie außerdem völlig sinnlos.

Entwicklungsorganisationen weltweit haben der OECD deshalb bereits letzten November eine Reihe von Empfehlungen vorgelegt. Im Bericht «Automatic for the people» verlangen sie zum Beispiel eine Übergangsphase bei der Einführung des wechselseitigen Informationsaustauschs. Das heißt: Länder des Südens, die keine notorischen Steueroasen sind, sollen sofort vom automatischen Informationsaustausch profitieren, aber erst nach einer Übergangsfrist eigene Daten sammeln und verschicken müssen. Außerdem sollen sie für den Aufbau der nötigen Infrastruktur finanzielle Unterstützung erhalten können, falls dies gewünscht sein sollte.

Bericht «Automatic for the people» - Automatic information exchange, tax justice and developing countries - (© Christian Aid November 2013)

Für weitere Informationen:
Alliance Sud
http://www.alliancesud.ch/de/ep/steuerpolitik/automatischer-informationsaustausch-nicht-nur-fuer-reiche-laender

Tax Justice Network:
http://www.taxjustice.net/2014/02/13/press-release-tjn-responds-new-oecd-report-automatic-information-exchange/