Luxemburger Geheimnisse auf CD

Neue CD-Ankäufe mit Daten von Steuerhinterziehern sorgen für Schlagzeilen (Spiegel, FAZ, Manager-Magazin). Dieses Mal ist nicht die Schweiz im Fokus, sondern Luxemburg. Wer den Schattenfinanzindex kennt und zu Luxemburg gelesen hat, weiß dass TJN's Direktor John Christensen Luxemburg als den "Todesstern" im internationalen Finanzsystem bezeichnet hat, weil Luxemburg trotz seiner kleinen Größe enormen Schaden im Weltfinanzsystem anrichtet. Auch darum begrüßen wir es grundsätzlich, wenn Licht in den Morast Luxemburg's geworfen wird. Wer übrigens viel von der Meinungsfreiheit in Europa hält, muss nur diesen Blog oder unseren Länderbericht zu Luxemburg lesen, um sich schnell das Fingerzeigen auf weit entfernte Länder abzugewöhnen. Luxemburger Banker haben ihre Politikerkaste fest im Griff und unterdrücken kritische Stimmen bislang sehr effektiv.

Nichtsdestotrotz ist der Ankauf von Daten-CDs freilich nicht das non-plus-ultra des Kampfes gegen Steuerhinterziehung. Die Rechtsgüterabwägung mag jeweils den Kauf einer CD legitimieren, dennoch wäre es natürlich schöner, wenn stattdessen eine wirksame zwischenstaatliche Kooperation begonnen werden könnte. Genau solch ein Format hat die Europäische Union mit der Erweiterten Zinsrichtlinie in der Tasche - künftig könnten wir uns dann getrost den Kauf dieser CDs sparen. In Ansätzen haben wir die Funktionsweise der erweiterten Richtlinie in diesem Dokument auf Seite 20 erklärt, sowie in unserem Hintergrundpapier über die Abgeltungssteuer mit der Schweiz.

In eine ähnliche Richtung scheint auf den ersten Blick Schäuble in diesem Spiegel-Artikel zu argumentieren:
"Trotz Milliardeneinnahmen für die Staatskasse sieht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Kauf von Steuersünder-CDs keine Dauerlösung. Der CDU-Politiker hatte am Montag auf dem Deutschen Steuerberatertag in Düsseldorf erklärt, der Kauf der unter Rechtsverstößen entstandenen Datensammlungen entspreche nicht seinem Verständnis von einem Rechtsstaat.

Der schwierigere, aber bessere Weg sei in seinen Augen eine Harmonisierung der Steuerpolitik in Europa. Das umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz sei dazu ein wichtiger Schritt. Denn es könne auch helfen, ähnliche Steuerprobleme mit den EU-Mitgliedern Österreich und Luxemburg zu lösen."

Das ist leider ein fataler Irrtum: das umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz ist ein Schritt in die falsche Richtung - dessen Grundlaage ist von der Schweizerischen Bankiersvereinigung mit dem Hauptziel entwickelt worden, Europa zu spalten und den automatischen Informationsaustausch in Gestalt der erweiterten Zinsrichtlinie von der Schweiz abzuwenden. Zur Zeit gehen Schweizer Diplomaten auf der ganzen Welt mit diesem Vorschlag hausieren, und versprechen ihren oft arglosen Verhandlungspartnern Milliarden-Einnahmen.

Wie wir erklärt haben, ist dieses Abkommen nicht nur ungerecht und zementiert unverantwortliche Wirtschaftsanonymität, sondern öffnet außerdem den hartnäckigsten SteuerhinterzieherInnen die Möglichkeit, weiterzumachen wie bisher. Dafür sind perfide Schlupflöcher in das Abkommen reinverhandelt worden. Die Schweizer Haltung und Handlungsweise ist aus ethischen Gesichtspunkten nicht vertretbar und verwerflich.

Zudem würde wohlverstandene Interessenpolitik in der Schweiz auf das Paradox hinweisen, dass ein Großteil der gigantischen Bankeinlagen aus dem Ausland unversteuert sind und daher mit einem effektiven automatischen Austausch vermutlich auf ein gesundes nachhaliges Maß schrumpfen würden, und gleichzeitig die Schweizerische Nicht-Finanz-Wirtschaft zur Zeit in einer Krise steckt, weil die enormen Kapitalzuflüsse der letzten Monate den Franken noch zusätzlich verteuern und damit die gesamte Exportbranche abwürgt. Wenn es jemals einen makroökonomisch günstigen Moment für die Schweiz gab, reinen Tisch mit seinen Schwarzgeldern zu machen und automatische Informationspflichten einzuführen, dann ist er heute. Warum nur setzt sich diese Sicht nicht in der Schweiz durch?

Letztlich wird kein unilateraler Ansatz ermöglichen, was die erweiterte Zinsrichlinie erreichen würde: ein effektives Austrocknen der Steueroasen unter Wahrung der Privatsphäre ehrlicher AnlegerInnen. Nachverhandlungen müssen diese Realität anerkennen.

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