Die Deutsch-Österreichische Geldwäscheconnection

Die Financial Times hat vorgestern in einem alarmierenden Bericht dargelegt, wie leicht es Deutschland's Wirtschafts- und Finanzsystem dem organisierten Verbrechen macht, hierzulande Gelder zu waschen. Im Aufmacher heißt es:
"In kaum einem Industrieland lassen sich Mafia-Einnahmen so einfach reinwaschen wie in Deutschland. Ermittler geben den Kampf bereits verloren. Einblicke in ein Schattenreich - mitten unter uns."
Diese Erkenntnis dürfte für LeserInnen unseres Blogs nicht ganz neu sein, denn Tax Justice Network's Schattenfinanzindex hatte schon einen ähnlichen Befund vergangenen Herbst zutage treten lassen (siehe etwa hier). Doch die Details im FT-Artikel sind schockierend (und die FT möge verzeihen, dass wir Auszüge daraus hier bringen):
"Die schweren Jungs haben leichtes Spiel in Deutschland. International gilt das Land als Geldwäscheparadies. Die OECD schätzt, dass jährlich zwischen 43 und 57 Mrd. Euro schmutziges Geld in Deutschland gewaschen wird. Höchstens ein halbes Prozent davon können die Behörden sicherstellen, 170 Mio. Euro waren es im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Die Anti-Mafia-Einheiten Italiens beschlagnahmten im gleichen Zeitraum 1,3 Mrd. Euro. Allein auf Sizilien stellten die Behörden in den vergangenen drei Jahren 4,5 Mrd. Euro sicher.

Das US-Innenministerium hat Deutschland als 'bedeutendes Geldwäscheland' eingestuft. Die Financial Action Task Force (FATF), die Geldwäschewächter der OECD, kritisiert mangelndes Engagement der Politik im Kampf gegen Schwarzgeld. Italiens oberster Mafia-Jäger aus Palermo, Oberstaatsanwalt Roberto Scarpinato, klagt: 'Die Mafia etabliert immer mehr Gesellschaften in Deutschland, sie unterwandert die Wirtschaft. Wenn ich Mafioso wäre, würde ich auch in Deutschland investieren.'"
Was sind die Ursachen für diesen drastischen Investitionstip?
"In kaum einem anderen Industrieland ist Geldwäsche so einfach. Schuld daran ist nur vordergründig die Personalknappheit. Es fehlt der politische Wille, die organisierte Kriminalität rigoros zu bekämpfen. Die Kripobeamten hadern zudem mit eingeschränkten Ermittlungsmethoden, schwachen Gesetzen und laxen Kontrollen. Es fehlen Spezialisten, um mithalten zu können - zumal das Netz der Mafia immer komplexer und internationaler wird und die Kriminellen technisch aufgerüstet haben. Einige Ermittler haben längst resigniert. [...]

Unter internationalem Druck räumte die Bundesregierung im Mai 2010 schwerwiegende Versäumnisse ein. Die Regelungen aus dem Geldwäschegesetz seien 'weitgehend nicht umgesetzt worden'. Und das 18 Jahre, nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist - ein Offenbarungseid. Als Reaktion trat Ende Dezember 2011 das 'Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention' in Kraft. Kritiker halten das Papier allerdings für glattenSelbstbetrug.

So gibt es in Deutschland über 100 verschiedene Behörden, mal auf Länderebene, mal bei den Bezirken, mal bei den Kommunen, die die Kontrolle über die Einhaltung der Geldwäscherichtlinien im Nichtfinanzsektor überwachen sollen - etwa bei Maklern, Juwelieren, Kasinos, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und Gewerbetreibenden."
Wir berichteten schon einmal über die Schwächen des jüngsten Gesetzesvorhabens (hier). Doch was ist nun der Bezug nach Österreich? Zugegeben, es ist ein indirekter, jedoch ein potentiell sehr wichtiger. Denn es gibt im Kleinwalsertal eine exquisite Möglichkeit, ein Konto zu unterhalten, das eine deutsche Bankleitzahl und Kontonummer hat, jedoch gleichzeitig dem strengen österreichischen Bankgeheimnis unterliegt. Von Österreich aus lassen sich wunderbar Gelder weiter nach Liechtenstein und die Schweiz transferieren (siehe hier). Daher ist dieses hybride Konto nicht nur für deutsche Steuerhinterzieher und Betrüger interessant. Die organisierte Kriminalität wird diesen Kniff sicherlich auch kennen und schätzen als ein schneller und unkomplizierter Weg, etwa um gewaschenes Geld dann wieder außer Landes zu schaffen. Der Stern berichtete schon 2008 über dieses kuriose Doppelstellung der Banken im Kleinwalsertal:
"Das bei Obersdorf liegende Kleinwalsertal ist eine österreichische Enklave - doch deutsches Wirtschaftsgebiet. Es gelten auch deutsche Bankleitzahlen, neben den österreichischen. Eine Grenze gibt es nicht. Im Klartext: Deutschen, die Gelder diskret bei Banken im Kleinwalsertal anlegen oder von dort aus Richtung Steueroase Liechtenstein weiterleiten wollen, stehen Tür und Tor offen. Unbequeme Fragen von Zollbeamten oder gar Steuerfahndern, wie sie auf der Fahrt nach Liechtenstein der Fall sein könnten, muss man hier nicht befürchten. Sozusagen freie Fahrt für freie deutsche Steuerbürger - in ein Finanz-Schlupfloch."
Wer nun hofft, dass diese Praktiken ja wohl heute, 4 Jahre nach Erscheinen dieses Artikels, nicht mehr gängig sind, dem sei z.B. dieses pdf (Zugriff 9.2.2012) einer Bank im Kleinwalsertal empfohlen, worin sehr detailliert die Vorzüge des österreichischen Bankgeheimnis beschrieben werden. Für alle Anleger, die es besonders vertraulich wünschen. Selbstverständlich ganz ohne illegale Machenschaften...

Der ganze FT-Artikel ist höchst empfehlenswert und kann hier gegen Gebühr komplett gelesen werden.

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