Das Schattenfinanzzentrum Schweiz steht wegen seiner Auswirkungen auf Frauenrechte am Pranger

Die Schweiz als eines der führenden Schattenfinanzzentren wurde kürzlich in Genf mit Fragen dazu konfrontiert, welchen Einfluss die steuerliche und finanzielle Geheimhaltungspolitik auf die Realisierung der Frauenrechte weltweit hat. Im UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau wurde hinterfragt, inwieweit die Steuerpolitik der Schweiz sich mit ihrer Verpflichtung zur Förderung der Geschlechtergleichstellung und nachhaltigen Entwicklung vereinbaren lässt. Angestoßen wurde die Debatte durch eine gemeinsame Stellungnahme vom Centre for Economic and Social Rights, Alliance Sud, Global Justice Clinic der NYU School of Law, Public Eye und dem Tax Justice Network.

Regierungen büßen jedes Jahr hohe Summen an Einnahmen dadurch ein, dass Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen durch Steuerhinterziehung, Steuerflucht und Gewinnverschiebung vermeiden, ihren gerechten Anteil an Steuern zu zahlen. Länder wie die Schweiz, in denen die Gewinne und das Vermögen solcher Unternehmen und Personen unter Geheimhaltung sehr gering oder sogar unversteuert verwahrt werden können, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Steuereinnahmen sind essentiell für die Realisierung der Menschenrechte. Wenn aufgrund von Steuervermeidung Staatskassen leer bleiben und öffentliche Leistungen ein- und soziale Sicherungssysteme kaputtgespart werden, sind Frauen oft die Hauptleidtragenden.

Als Vertragspartei des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women, CEDAW) obliegt der Schweiz die Verpflichtung, alles zu unterlassen, was den Rechten von Frauen schadet – eine Verpflichtung, die sowohl innerhalb der Landesgrenzen, als auch darüber hinaus Gültigkeit besitzt. Diese Verpflichtung beinhaltet auch, die außerhalb des Schweizer Hoheitsgebiets stattfindenden Verletzungen von Frauenrechten durch private Akteure zu verhindern. Dazu gehören unter anderem missbräuchliche Maßnahmen der Steuervermeidung und -hinterziehung von Unternehmen. Durch diese werden Staaten daran gehindert, die Ressourcen zu mobilisieren, die sie zur Verwirklichung der Menschen- und damit Frauenrechte brauchen.

Die Schweiz hat sich die Umsetzung von SDG 5 (der Ziele für Nachhaltige Entwicklung) zur Gleichstellung der Geschlechter auf die Fahnen geschrieben. So behauptete das Land in einem Bericht über seine Umsetzung der SDGs noch im Juli 2016, dass es einen bedeutenden Beitrag zum gemeinsamen internationalen Vorgehen gegen illegale Finanzströme leiste. Die Realität sieht allerdings anders aus. Es wird geschätzt, dass sich über ein Drittel des nicht erfassten Offshore-Vermögens in der Schweiz befindet. Die Schweiz belegt damit aktuell den ersten Rang des Schattenfinanzindexes des Tax Justice Networks von 2015. Durch Praktiken grenzüberschreitender Steuervermeidung gehen den Ländern des globalen Südens Schätzungen zufolge jährlich ca. 500 Mrd. US-Dollar verloren. Dieser Finanzabfluss ist mehr als doppelt so groß wie die Mittel der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit, die die Länder des globalen Nordens aufbringen. Die Schweiz als Schattenfinanzzentrum verwahrt un- bzw. kaum versteuertes Vermögen und ist deshalb mit dafür verantwortlich, dass in Ländern wie Indien und Sambia Staatseinnahmen verloren gehen, die für die Realisierung von Frauenrechten und sozialen Dienstleistungen essentiell sind.

In einer gemeinsamen Stellungnahme forderten die zivilgesellschaftlichen Organisationen die Schweiz dazu auf, regelmäßig Bericht über die Auswirkungen der eigenen finanzpolitischen Geheimhaltung und der lockeren Regeln der Unternehmensbesteuerung auf die Mobilisierung von Einnahmen für Frauenrechte in anderen Ländern zu erstatten. Außerdem halten die Organisationen die Schweiz dazu an, wesentliche gesetzliche und politische Schutzmaßnahmen zu etablieren. So soll sichergegangen werden, dass die Schweiz keinen Steuermissbrauch ermöglicht, der die Fähigkeit anderer Staaten untergräbt, Ressourcen zur Realisierung von Frauenrechten zu mobilisieren.
Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau stellt die kritische Frage, wie die Schweizer Regierung  ihre finanzpolitische Geheimhaltung und Steuerpolitik für Unternehmen mit ihrer Verpflichtung zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in Einklang bringen will. In ihrer Antwort erkennt die Schweiz den Einfluss von

Der Ausschuss plant, abschließende Beobachtungen und Empfehlungen an die Schweiz Ende November zu veröffentlichen. Eine robuste Empfehlung zur Einhaltung der internationalen Verpflichtungen gegenüber den Rechten der Frauen könnte zu einem Meilenstein im Kampf gegen die jahrelange Ungerechtigkeit des Steuermissbrauchs werden.

Weiterführende Hinweise
Zur gemeinsamen Stellungnahme von CESR, Global Justice Clinic, Tax Justice Network.
Zum Merkblatt über die Verantwortung der Schweiz.
Weitere Informationen zur Rolle der Menschenrechte in der Steuerpolitik.